Mikroelektronik

Mit 1000 Chips durch den Tag

Wir sehen sie nicht, aber sie sind allgegenwärtig. Sie sind aus unseren hoch performanten, vernetzen Geräten nicht mehr wegzudenken, machen eine sichere Navigation durch den Straßenverkehr, Smartphones, intelligente Häuser und vieles mehr überhaupt erst möglich.

Diesen Beitrag teilen

Wir sehen sie nicht, aber sie sind allgegenwärtig. Sie sind aus unseren hoch performanten, vernetzen Geräten nicht mehr wegzudenken, machen eine sichere Navigation durch den Straßenverkehr, Smartphones, intelligente Häuser und vieles mehr überhaupt erst möglich.
Aber auch in weniger komplexen Geräten stecken Mikrochips. Wo genau, hat sich Stefan Schubert, ein Entwickler integrierter Schaltkreise, für uns einmal angeschaut und das Ergebnis ist erstaunlich. In seinem ganz normalen Tag stecken schon heute über 1000 Mikrochips.

05:00 Uhr

Zwei Stunden bevor ich erwachen werde, ist meine Wärmepumpe an gegangen. Sie wird von einer Atomuhr gesteuert. Einige hunderte Chips sind in dieser Atomuhr – die übrigens in Braunschweig steht – mindestens eingebaut, damit diese stets die absolut exakte Zeit an die verschiedensten Empfänger senden kann.
Zwei Chips, im Außensensor meiner Wärmepumpe messen die Außentemperatur am Haus für die richtige Heizkurve. 100 verschiedenartigste Chips sind in der Wärmepumpe selbst verbaut. Dazu zählen auch die zentrale Steuereinheit und die Einzelsteuerungen von Solarmodul und Warmwasserbereitung sowie die Chips in den beiden Umwälzpumpen.
Fünf Chips in jeweils einem Rauchmelder, haben in meinem Haus ihren Überwachungsdienst getan.

07:00 Uhr

Ein Chip, ist es, der mich am Morgen aus dem Schlaf holt. Er steckt in meinem Wecker. Auch er empfängt das Signal der Atomuhr.

07:10 Uhr

Ohne Licht geht es im Winter um diese Uhrzeit nicht. Ein Chip in der LED-Beleuchtung sorgt für ein gedimmtes Wohlfühllicht. Ein weiterer Chip steckt im Netzteil für die LEDs.
30 Chips habe ich bereits am Arm, als ich meine Smartwatch umbinde, damit auch der erste Schritt des Tages bereits gezählt ist, ich eingehende E-Mails und Nachrichten sofort sehe und – natürlich – auch die Zeit ablesen kann.

07:30 Uhr

Zwei Chips stecken in meiner elektrischen Zahnbürste. 200 Chips im Fernseher, der mir Nachrichten aus dem Frühstücksfernsehen präsentiert. Hunderte Chips auf der Senderseite im Studio und 6 Chips auf der Übertragungsstrecke, im Astra Satellit – Chips, LNB Empfänger an der SAT Schüssel.

09:00 Uhr

Mein Home-Office beginnt.  50 Chips betreiben hier meinen Laptop mit Monitor. Ein Chip steckt in meiner Maus.
Ein weiterer Chip in der Tastatur.
Ca. 100 Chips sorgen in einem grauen Anschlusskasten am Straßenrand dafür, dass ich mit dem Internet verbunden bin. Dann geht es über Router und Switches in unbekannte Tiefen des Internets, bis in unsere Firma – und das den ganzen Arbeitstag lang. Hunderte Chips sind an diesem Signalweg sind beteiligt.

12:00 Uhr

Fünf Chips in meiner Mikrowelle helfen dabei, die Reste des Essens vom Wochenende zu erwärmen.
Draußen ist es einigermaßen hell – für Winterverhältnisse. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt aktuell nur knapp 1 Kilowatt pro Stunde. Ca. 30 Chips sind im Wechselrichter verbaut, neben der Leistungselektronik, die ebenfalls Halbleiter nutzt.
Ich entschließe mich, das E-Auto umweltfreundlich nachzuladen. Es ist schon an der Wallbox angeschlossen.
Etwa 15 Chips plus Leistungselektronik, enthält die Wallbox. Beim Laden hilft mein Smartphone wieder. Eine Software verbindet das Smartphone über das Internet mit einer Serverfarm – irgendwo. Von dort geht es über LTE – unzählige Chips in der Signalkette, bis zum Auto vor der Tür. Ich klicke auf „Laden Starten“ und der Strom fließt von den Solarzellen in die Autobatterien. Diese haben eine komplexe Ladesteuerung bestehend aus – Chips.

15:00 Uhr

Ich bin auf dem Sprung zu einem Außer-Haus-Termin. Ich entschließe mich, das Auto über mein Smartphone und entsprechende Infrastruktur vorzuheizen. Auf diesem Weg tun wieder unzählige Chips ihren Dienst.
Ich entwickle beruflich integrierte Schaltkreise. Über meinen Home-Office Tage hatte ich dabei heute mit sechs verschiedenen Chips zu tun, die sich bei uns im Team in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden.
Nach einem letzten Videogespräch mit meinen Kollegen, verlasse ich das Haus.
Ein Chip in der Fernbedienung – und ich öffne das Auto schon von der Tür aus. Der Innenraum ist angenehm warm, als ich losfahre.
Ein Chip unterstütz auch beim Öffnen des Schiebetors per Fernbedienung, bevor ich das Grundstück verlasse. Ca. zehn Chips sind in der Tor Säule sind verbaut.
Im Auto verrichten nun andere Chips ihr Werk, als während des Ladevorganges. Das Display informiert über die wichtigsten Funktionen, das Navi zeigt den Weg – meine GPS-Verbindung mit 5 Satelliten wird angezeigt. Das Auto ist über LTE permanent mit einem Nothilfeservice verbunden, den man bei Bedarf per Knopfdruck erreichen kann.
Hunderte Chips in der Signalkette ermöglichen das.
Die Gleichspannung aus den Batterien muss in der Frequenz variierend in Wechselstrom umgewandelt werden.
Verschiedene Chips in der Signalkette steuern dies beim Tritt auf das „Gas“-Pedal. Eine winzige Winkelveränderung am „Gas“-Pedal (Sensor Chip) hat dabei bereits große Auswirkungen auf die Beschleunigung des 2 Tonnen schweren Fahrzeuges.
Weitere Chips steuern die LED-Scheinwerfer. Chip-gekoppelte Sensoren ermöglichen die Reaktion auf entgegenkommende Fahrzeuge durch partielle De-/Aktivierung der Front-Scheinwerfer. Beim Loslassen des „Gas“-Pedals tritt die Bremswirkung des Motors ein, der nun zum Generator wird, bei der die negative Beschleunigungsenergie der Fahrzeugmasse die Batterien wieder lädt. Viele -zig Chips sind daran beteiligt. Gleichzeitig leuchten die 2 LED-Bremslichter auch ohne Betätigung des Bremspedals. Insgesamt stecken allein in meinem Fahrzeug bis zu 1.300 Chips.

17:00 Uhr

Ich habe einen Termin beim Hausarzt. Die Schwester an der Rezeption liest über ein Lesegerät meine Patientendaten der Krankenkassenkarte. In der Karte ist ein Chip verbaut. Im Lesegerät sind es schon fünf Chips. Eine digitale Waage misst mein Körpergewicht, hier ist ebenfalls ein Chip integriert. Als ich später in der Apotheke stehe und mit meiner EC-Karte – ein Chip – bezahle, sorgen auch hier 5 Chips im Lesegerät für einen reibungslosen Transfer zwischen Karte und Gerät bzw. Zahlungsdienstleister.

19:00 Uhr

Wieder zu Hause benutze ich den Wasserkocher –  ein Chip – um mir einen Tee zuzubereiten. Die Thermostate in der Wohnung haben in der Zwischenzeit auch die Heizung im Wohnzimmer an die Heizkreislauf geschaltet und die im Arbeitszimmer längst ausgeschaltet. 5 Chips stecken dafür in jedem Wandthermostat.
Da es draußen dunkel ist, wurden die Rollläden mithilfe von Zeitschaltuhren an der Wand automatisch heruntergelassen. Jede Uhr enthält vier Chips.

20:30 Uhr

Endlich liege ich auf dem Sofa. Es ist Zeit für etwas Erholung – Zeit für mich. Ich habe meine Ear-Buds im Ohr, höre Musik von meiner Fritz- Box in der Funktion als NAS Server.
40 Chips unterstützen dabei, über WLAN die Daten vom USB Stick der Fritz Box auf mein Smart Phone zu übertragen. 50 Chips stecken in diesem. Aktuell decodiert es den Datenstrom und gibt ihn digital an einen Bluetooth Transceiver, der auch im Smart Phone steckt. Dieser sendet den Datenstrom zu den Ear Buds.
20 Chips sind in diesen Ear Buds verbaut. Sie wandeln den Datenstrom in ein analoges Signal, verstärken dieses so lange, bis Schwingungen entstehen, die mein Ohr verarbeiten kann.
Mehr als 100 Chips verschiedenster Hersteller, Art und Technologie benötigt die Musik vom USB-Stick in der Fritz Box bis zu meinem Ohr. Ebenfalls hunderte Chips haben die Macher der Musik –  aufgereiht in Signalverarbeitungsketten – gebraucht, um die Musik zu erzeugen, zu bearbeiten, zu produzieren und zu verbreiten.

22:30 Uhr

Als ich im Bett liege, lese ich auf dem „Tolino“ noch ein wenig. In diesem stecken ca. zehn Chips. Das digitale Buch kommt aus der Online-Bibliothek. Als ich es zur Seite lege, frage ich mich, wie viele Halbleiterchips mich den Tag über wohl begleitet haben … es waren wohl deutlich mehr als 1000 und dabei habe ich weder die Wäsche energiesparend, weil vorprogrammiert gewaschen, noch das Haus smart überwachen lassen, noch den Saugroboter in Betrieb gehabt.
Sollte ich diese Überlegungen in 10 Jahren noch einmal anstellen, sind bis dahin Milliarden von IoT Devices – Sensoren im Internet der Dinge – miteinander vernetzt. In jedem Knoten arbeitet mindestens ein Edge-AI Chip. Das ist ein Chip mit der Fähigkeit, am Sensor selbst Sensordaten über Algorithmen zu analysieren und die Ergebnisse zu kommunizieren. Informationen werden so bereits am Ort der Gewinnung durch künstliche Intelligenz aus großen Datenmengen extrahiert und belasten nicht die ohnehin weiterwachsenden Data Center der Welt.
Ein Gedanke, der mich begleitet, als ich endlich sanft einschlafe…
Ihr, Stefan Schubert


Dieser Artikel ist erstmalig im Rahmen unseres Magazins NEXT „Im Fokus: Mikroelektronik“ erschienen. Zur Gesamtausgabe des Magazins
Verwandte Artikel: Deutschlands Mikroelektronik-Landschaft – Das Halbleiterherz Europas schlägt hier Warum sind Halbleiterfabriken so teuer? Sachsens Chipindustrie stärkt ihre Zulieferketten

Foto: CANVA

Das könnte Sie ebenfalls interessieren

Kontakt

Silicon Saxony

Marketing, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Manfred-von-Ardenne-Ring 20 F

Telefon: +49 351 8925 886

Fax: +49 351 8925 889

redaktion@silicon-saxony.de

Ansprechpartner: