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„CoolRelay“: Innovative Relaisstationen verbessern Energieeffizienz von Kommunikationsnetzen drastisch
Spitzencluster „Cool Silicon“ forscht an Mobilfunktechnologien der Zukunft
Energieeffiziente Relaisstationen für das mobile Kommunikationsnetz der Zukunft sind das Ziel des Forschungsprojektes „CoolRelay“. An diesem Teilprojekt des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten sächsischen Spitzenclusters „Cool Silicon“ für energieeffiziente Mikroelektronik beteiligten sich Forscher der Unternehmen MUGLER AG aus Oberlungwitz und National Instruments Dresden GmbH (vormals Signalion GmbH) sowie der Technischen Universität (TU) Dresden mit den Lehrstühlen für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie (CCN) und für Mobile Nachrichtensysteme (MNS). Sie untersuchten in den vergangenen knapp drei Jahren Konzepte und Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz von Relaisstationen.
„Eines ist sicher“, erklärt Projektkoordinator Dipl.-Ing. Robert Paulo von der TU Dresden: „In den nächsten Jahrzehnten wird die Netzabdeckung der mobilen Sprach- und Datenkommunikation immer feinmaschiger werden. Das erhöht, wie schon das Cool Silicon-Projekt ,CoolBaseStations’ zeigte, den Gesamtenergieverbrauch und stellt zudem hohe Anforderung an die Vernetzung selbst.“
Steigende mobile Kommunikation erfordert leistungsfähige Technologie
Die bislang üblichen großen Basisstationen werden zunehmend durch kleinere Basisstationen, die sogenannten Mikro- und Femtobasisstationen, abgelöst. Sie alle benötigen aber einen direkten Rückkanal in das Hauptnetz in Form einer Kabelverbindung oder Richtfunkstrecke. Für die Netzbetreiber sind daher Relaisstationen, die erstmals in LTE(Long Term Evolution)-Advanced in den Standard aufgenommen wurden, eine ideale Ergänzung zu solchen Basisstationen.
Relaisstationen werden von der Basisstation als Teilnehmer mit besonderen Fähigkeiten und Eigenschaften, vom mobilen Endgerät des Nutzers jedoch als Basisstation gesehen. Der Rückkanal zum Hauptnetz wird dabei über die Basisstation geführt. Damit entfällt ein Großteil der aufwändigen Installation. So leisten Relaisstationen einen wichtigen Beitrag zum kosten- und energieoptimierten Aufbau und Betrieb eines Mobilfunknetzes bzw. einer Breitbandversorgung durch eine Netzverdichtung an genau den Stellen, an denen sie auch benötigt wird. Denkbar ist der Einsatz von Relaisstationen in Einkaufpassagen und sogar in einzelnen Geschäften. Der Kunde hat dadurch selbst in der Umkleidekabine immer besten Funkempfang. Mit Relaisstationen können auch die unzureichend mit Mobilfunk versorgten Gebiete kostengünstig abgedeckt werden. Einziger Wermutstropfen: In den meisten Fällen wird noch eine kabelgebundene Energieversorgung notwendig sein.
Intelligente Lösung für energieeffiziente Kommunikation
An dieser Stelle setzt das Projekt „CoolRelay“ an: Das Problem der Energieversorgung soll durch möglichst energieeffiziente Technologien gelöst werden. National Instruments Dresden, mit Kernkompetenzen im Bereich der modularen Test- und Messsystementwicklung speziell im Wireless-Bereich, arbeitete an der Gesamtgeräteintegration. Das Unternehmen erstellte ein Prototypensystem, an dem die Eigenschaften der von allen Projektpartnern eingebrachten Komponenten untersucht werden können. Damit wird zugleich ihre Eignung für den Relaisbetrieb demonstriert.
Dazu wurden am Markt verfügbare Komponenten für den Basisband- und Protokollschichtbereich von drahtlosen Kommunikationssystemen zusammen mit eigenen Entwicklungen integriert. Ziel war eine möglichst modulare und flexible Plattform, die die nötige Umgebung schafft, um die untersuchten Verstärkerkomponenten, Antennenstrukturen, das Gerätemanagementsystem und die Signalverarbeitungsverfahren unter praxisnahen Bedingungen zu vermessen und zu testen. Außerdem wurden im Rahmen einer Projekterweiterung Strahlformungsalgorithmen untersucht, die auch die Anbindung der Relaisstation selbst noch energieeffizienter gestalten.
Um die nahtlose Integration in ein bestehendes Mobilfunknetz zu gewährleisten, ist für einen Netzbetreiber die Einbindung neuer Komponenten in ein zentrales Geräte- und Netzmanagement von großer Bedeutung. Dies ermöglicht eine Überwachung von Geräteparametern und Qualitätsindikatoren sowie die Konfiguration aus der Ferne, beispielsweise um in verkehrsarmen Zeiten die Relaisstation in einen energiesparenden Betriebsmodus zu schalten. Solch eine Managementlösung wurde, auf der Grundlage von Vorarbeiten der MUGLER AG, auch für „CoolRelay“ beispielhaft eingesetzt.
Coole Mikroprozessoren senken Energiebedarf von Funknetzen
Der Vodafone-Stiftungslehrstuhl für Mobile Nachrichtensysteme an der TU Dresden hat in Kooperation mit dem „CoolBaseStations“-Projekt und dem Lehrstuhl für Hochparallele VLSI-Systeme und Neuromikroelektronik ein vollständiges Mikroprozessorsystem (MPSoC) auf 36 Quadratmillimeter Fläche mit dem Namen „Tomahawk II“ aufgebaut. Einer seiner Bestandteile ist der in „CoolRelay“ entworfene flexible und energieeffiziente Signalverarbeitungsprozessor zur Detektion von Funksignalen unter der Ausnutzung von Mehrantennensystemen (MIMO). Dieser sogenannte Sphere-Detektor ist voll konfigurierbar und kann sowohl für die Kommunikation mit der Basisstation als auch mit den mobilen Endgeräten eingesetzt werden. Ein erweitertes Signalverarbeitungsverfahren in Zusammenarbeit mit dem Kanaldecoder erzielt eine deutliche Verbesserung der empfangsseitigen Kommunikationsleistung. Mit diesem Verfahren ist es möglich, die zum Senden benötigte Leistung um bis zu 50 Prozent zu reduzieren und somit den Gesamtenergieverbrauch im Funknetz effektiv zu senken.
Leistungsverstärker für den neuen Mobilfunkstandard
Vom Lehrstuhl für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie wurden zwei verschiedene Leistungsverstärkerkonzepte untersucht. Einer der beiden Verstärker überzeugt dabei durch eine besonders hohe Bandbreite von effektiven 1,5 Gigahertz bei einer Arbeitsfrequenz von 2,6 Gigahertz bei guten Effizienzwerten. Der andere Verstärker beruht auf dem LINC-Konzept und bietet eine hohe Anpassbarkeit. Beiden Verstärkern gemein ist eine Rückführung des Ausgangssignals auf den Eingang, um somit die für LTE hohen Anforderungen an die Linearität zu erreichen.
Eine weitere Teilkomponente der Relaisstation ist die Antenne, für die die MUGLER AG zuständig war. Neben den klassischen Zielparametern beim Antennendesign, wie Antennengewinn und Vor-Rück-Verhältnis, war in diesem Falle vor allem die Dimension von größter Wichtigkeit, um der Kompaktheit einer Relaisstation gerecht zu werden. In Verbindung mit der Unterstützung von mehreren Frequenzbereichen sowie MIMO und Beamsteering wird die Flexibilität beim Einsatz dieser Systemtechnikkomponente weiter verstärkt.
CoolRelay ermöglicht effizienten Netzausbau
Am gemeinsamen Prototypen können die erreichten Ergebnisse über die Projektlaufzeit hinaus weiter untersucht und optimiert werden. „Es besteht noch reichlich Potential für Verbesserungen“, sagt Projektkoordinator Robert Paulo. „Jedoch konnten wir schon jetzt zeigen, dass durch die Forschungsarbeiten in ,CoolRelay’ der Ausbau des zukünftigen Mobilfunknetzes kostengünstig und ohne eine deutliche Erhöhung des Energiebedarfs vollzogen werden kann.“
Die Dresdner Forscher aber denken noch deutlich weiter: „Eine komplett von kabelgebundener Infrastruktur unabhängige Lösung, versorgt beispielsweise durch Solarzellen und Energiespeicher, wäre ein ideales Instrument für Netzwerkbetreiber, um ihre Strukturen flexibel zu optimieren und eine anforderungsgerechte Versorgung mit mobilen Datendiensten zu erreichen“, erklärt Dipl.-Ing. Markus Unger von National Instruments Dresden abschließend die Vision einer autarken Relaisstation.